Vernehmlassung - Steuersenkung für tiefe und mittlere Einkommen

Vernehmlassung - Steuersenkung für tiefe und mittlere Einkommen

Die Solothurner Handelskammer (SOHK) stimmt der Stossrichtung des Gegenvorschlags, welche eine spürbare tarifliche Entlastung für tiefe und mittlere Einkommen vorsieht, zu. Dass die Revision der Katasterschätzung in einem separaten Geschäft behandelt wird, erachten wir als zwingend, um die Vorlage nicht zu gefährden. Wir bedauern, dass mittlere und hohe Einkommen nicht stärker entlastet werden können und regen deshalb dringend an, zumindest den Einkommenssteuertarif so anzupassen, dass Alleinstehende und Ehepaare ohne Kinder im Gegenvorschlag nicht benachteiligt werden. Einverstanden sind wir mit der künftigen Begrenzung des Pendlerabzugs, jedoch ist diese mit 6'000 Franken viel zu tief angesetzt. Wir schlagen eine Begrenzung von 12'000 Franken vor. Um insbesondere die Familien mit Kindern zu entlasten, befürworten wir die Anpassung des Sozialabzugs von 6'000 auf 9'000 Franken. Weiter regen wir an, die Abzüge für Kinderdrittbetreuung von heute 12'000 auf 24'000 Franken zu erhöhen.

Mit dem Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Jetz si mir draa» sollen die Einkommen für tiefe und mittlere Einkommen spürbar entlastet werden, ohne den Finanzhaushalt des Kantons und der Gemeinden übermässig zu belasten. Die Solothurner Handelskammer stimmt der Stossrichtung des Gegenvorschlags zu. Dass die Revision der Katasterschätzung aufgrund der Komplexität in einem separaten Geschäft behandelt wird, erachten wir als zwingend, um die Vorlage nicht zu gefährden.

Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen
Die Einkommenssteuerbelastung im Kanton Solothurn ist im Vergleich zu anderen Kantonen hoch. Mit der Vorlage zur Umsetzung der Steuerreform und der AHV-Finanzierung (STAF) wurden die Steuern für tiefe Einkommen bereits gesenkt. Gemäss einem dringlichen Auftrag der Finanzkommission (AD 0200/2019) soll nun auch die Steuerbelastung für kleine und mittlere Einkommen gesenkt werden. Der Auftrag folgt dabei auch dem Ziel der Standortstrategie 2030 des Kantons Solothurn, bei der Einkommensbesteuerung einen Platz im Mittelfeld der Schweizer Kantone anzustreben.

Konkret sollen durch eine Anpassung des Einkommenssteuertarifs die kleinen und mittleren Einkommen um rund 65 Millionen Franken (Kanton und Gemeinden) entlastet werden. Zusätzlich soll durch die Erhöhung des Kinderabzugs von 6'000 auf 9'000 Franken pro Kind die Bemessungsgrundlage für Familien mit Kindern vermindert werden.

Die Solothurner Handelskammer unterstützt die Stossrichtung des Gegenvorschlags. Wir bedauern jedoch, dass mittlere und hohe Einkommen nicht stärker entlastet werden können. Immerhin wird mit der Entlastung von tiefen und mittleren Einkommen und der Familien das frei verfügbare Einkommen und damit die Kaufkraft dieser Steuerpflichtigen erhöht, was sich mit höheren Konsumausgaben im Kanton Solothurn positiv auf den Wirtschaftsstandort Kanton Solothurn auswirken kann.

Tiefere Einkommenssteuertarife für Alleinstehende und Ehepaare ohne Kinder
Zusätzlich regen wir jedoch dringend an, den Einkommenssteuertarif so anzupassen, dass Alleinstehende und Ehepaare ohne Kinder stärker von der tariflichen Entlastung profitieren können und somit im Gegenvorschlag nicht benachteiligt werden. Diese werden mit dem aktuellen Vorschlag nur unwesentlich entlastet, respektive erfahren mit der geplanten Begrenzung des Pendlerabzugs im Falle von längeren Arbeitswegen sogar eine Steuererhöhung.

Das ist insofern problematisch, als dass diese Personengruppen – anders als Alleinerziehende und Familien mit Kindern – bei Änderungen der persönlichen Arbeits- und Einkommensverhältnisse in der Regel deutlich mobiler sind. Dieser Um- und Wegzugseffekt wird mit dem Fachkräftemangel, wo längere Arbeitswege und höhere Löhne tendenziell zunehmen, in den kommenden Jahren sogar noch verstärkt. Der Kanton Solothurn tut gut daran, den Personen in den mittleren und höheren Einkommensklassen, welche den Staat wenig kosten und als flexible Arbeitskräfte und gute Steuerzahlende viel bringen, eine erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken.

Überprüfung der Steuerabzüge
Nach dem Willen des Kantonsrates sollen beim Gegenvorschlag auch die Steuerabzüge überprüft werden. Dabei wurde ein Auftrag zur Begrenzung des Pendlerabzugs (A 0077/2020), d.h. die notwendigen Kosten für Fahrten zwischen Wohn- und Arbeitsstätte, welche als Berufskosten von der Einkommenssteuer abgezogen werden können, als erheblich erklärt.

Der Kanton Solothurn ist ein stark verzweigter Pendlerkanton. Es wird innerhalb des Kantons und auch aus dem Kanton heraus gependelt. Die Bevölkerung wird sogar zum Pendeln ermutigt, indem die Standortförderung den Kanton bewusst als Wohnkanton positioniert, wo man sich Eigentum noch leisten kann. Weiter investieren der Bund und der Kanton Millionen von Franken insbesondere in die Strasseninfrastruktur (6-Spur-Ausbau A1, ERO, Verkehrsanbindung Thal, etc.), um dem wachsenden Mobilitätsbedürfnis Rechnung zu tragen und das Pendeln noch einfacher zu machen.

Pendlerabzugsbegrenzung genug hoch ansetzen
Es ist sehr inkonsequent, wenn sich der Kanton einerseits als Wohnkanton positioniert und sich für das Pendeln stark macht, und gleichzeitig die Kosten für das Pendeln erhöht. Mit dem zunehmenden Fachkräftemangel gewinnt die Mobilität der Arbeitskräfte an Bedeutung. Die Unternehmen sind darauf angewiesen, dass der Kanton Solothurn für Beschäftigte mit Wohnsitz im Kanton attraktiv bleibt.

Die Mobilität gilt in der politischen Diskussion zu Unrecht als etwas Schlechtes. Dank der Mobilität können Güter und Menschen innerhalb von der Schweiz, von der Schweiz ins Ausland und vom Ausland in die Schweiz verschoben werden. Die Mobilität ist ein wichtiger Standortfaktor des Kantons Solothurn und wird Dank CO2-armen Antrieben, selbstfahrenden Fahrzeugen und mit intelligenten Verkehrsmanagementmassnahmen immer effizienter und umweltverträglicher abgewickelt. Der Kanton Solothurn mit seiner privilegierten Verkehrslage muss die Mobilität speziell fördern statt behindern.

Die Solothurner Handelskammer stimmt einer Begrenzung des Pendlerabzugs zu, wenn die Begrenzung entsprechend der speziellen Situation des Kantons genug hoch angesetzt wird. Bei der vorgeschlagenen Begrenzung von 6'000 Franken erhöht sich für alle Pendler, welche auf das Auto angewiesen sind und einen längeren Arbeitsweg als 19.5 km (entspricht ungefähr der Strecke Oensingen – Solothurn) haben, die steuerrelevante Bemessungsgrundlage, was allfällige tariflich bedingte Steuersenkungen potenziell wieder zu Nichte macht. Die SOHK schlägt deshalb eine Begrenzung von 12'000 Franken vor. Damit bleibt immerhin die Bemessungsgrundlage für Pendlerinnen und Pendler mit einer Wegdistanz von 43.5 km (entspricht ungefähr der Strecke Dulliken – Solothurn) unverändert.

Erhöhung der Kinderdrittbetreuungskosten
Im Rahmen der Überprüfung der Abzüge soll im Bereich der Sozialabzüge der Kinderabzug von 6'000 auf 9'000 Franken erhöht werden, um gezielt Familien mit Kindern zu entlasten. Da Familien mit Kindern im Kanton Solothurn im Vergleich zu anderen Kantonen stark belastet werden und weil sich eine Entlastung positiv auf die Kaufkraft auswirkt, ist die Solothurner Handelskammer mit dieser Erhöhung einverstanden. Wie jedoch die Grafiken zu den Entlastungen für die Modellhaushalte «Ehepaar mit zwei Kindern (1 Person erwerbstätig)» und insbesondere «Ehepaar mit zwei Kindern (beide erwerbstätig)» deutlich zeigen, benachteiligt die Progression des neuen Steuertarifs die für den Steuerertrag des Kantons wichtigen Haushaltseinkommen zwischen 125'000 und 200'000 Franken.

Im Rahmen der Fachkräfteinitiative hat der Bundesrat vorgeschlagen, arbeitstätige Eltern mit einer Erhöhung der Kinderdrittbetreuungskosten von 10’100 auf 25’000 Franken pro Kind zu entlasten. Damit soll die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessert und dem Fachkräftemangel entgegenwirkt werden. Die Steuerausfälle dieser Massnahme werden als gering eingeschätzt, weil heute schon viele Eltern die Kosten für die Drittbetreuung vollständig abziehen können. Die Ausfälle dürften längerfristig sogar ausgeglichen werden, wenn dank der Erhöhung dieses Abzugs mehr Eltern ganz oder teilweise erwerbstätig werden. Weil das Parlament damals gleichzeitig beschloss, darüber hinaus auch den allgemeinen Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer von 6’500 auf 10'000 Franken zu erhöhen, wurde das Referendum gegen die Vorlage ergriffen. Am 27. September 2020 lehnte das Volk die Vorlage ab. Die Erhöhung des Kinderdrittbetreuungsabzugs blieb im Abstimmungskampf jedoch praktisch unbestritten. Deshalb haben der National- und Ständerat der parlamentarischen Initiative «Steuerliche Entlastung für familienexterne Kinderbetreuung von bis zu 25’000 Franken pro Kind und Jahr», welche die beiden Vorhaben wieder trennt, am 1. Oktober 2021 deutlich zugestimmt.

Gemäss Studien lohnt sich heute für viele Elternteile des Mittelstands eine Erwerbsaufnahme oder -ausweitung aufgrund der Steuern, Sozialabgaben und der Kinderbetreuungskosten finanziell nicht oder kaum, da sie selten bis gar nie in den Bereich von sozialen Vergünstigungen kommen. Deshalb stellt eine Erhöhung der Kinderdrittbetreuungskosten eine geeignete Massnahme dar, die betreffenden Familien zu entlasten und gleichzeitig das Beschäftigungsvolumen als Beitrag gegen den Fachkräftemangel im Kanton Solothurn zu erhöhen.

Nachdem der Solothurner Souverän am 9. Februar 2020 im Rahmen der STAF einer Erhöhung der Kinderdrittbetreuungskosten von 6'000 auf 12'000 Franken deutlich zugestimmt hat, schlägt die SOHK vor, dass sich der Kanton Solothurn der voraussichtlich neuen Bundeslösung annähert und den Abzug für Kinderdrittbetreuungskosten auf neu maximal 24'000 Franken pro Kind erhöht.

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Stellungnahme zur Steuersenkung für tiefe und mittlere Einkommen (pdf, 126.6 kB)